Klimaschutz – Eine islamische Perspektive
Die Bewahrung von Gottes Schöpfung ist ein christliches ethisches Gebot und biblisch sehr gut begründbar. Zum Glück begründen auch Menschen anderen Glaubens den Klimaschutz religiös und ethisch. So erklären unsere beiden Blog-Schreibenden hier, wie sie ihr Engagement für den Klimaschutz islamisch begründen. Im Zuge der interkulturellen Klimabildung hat die Deutsche KlimaStiftung gemeinsam mit dem Unabhängigen Institut für Umweltfragen das Projekt KlimaGesichter aufgelegt. Wir freuen uns über die Kooperation mit dem Projekt KlimaGesichter und den Blogbeitrag von Klimabotschafterin Neama Hefny und Dr. Mohamed Shehata. Mit diesem Gastbeitrag möchten wir betonen, wie wichtig glaubensbasierter Klimaschutz ist und dass wir uns gegenseitig darin verstärken können – christlich begründet und islamisch begründet.
Wir, Neama und Mohamed, kommen aus Ägypten und sind praktizierende Muslim*innen. Der Klimaschutz ist für uns nicht nur eine weltliche Notwendigkeit, sondern auch eine religiöse Verpflichtung und eine persönliche Überzeugung. In unserem Beitrag möchten wir erklären, warum das so ist.
© Foto: Ronan Furuta/unsplash | Der Islam betrachtet die Erde als eine göttliche Gabe und die Menschen als deren Treuhänder*innen.
Der Islam und die Verantwortung für die Schöpfung
Der Islam betrachtet die Erde als eine göttliche Gabe und die Menschen als deren Treuhänder*innen (Khalifa). Im Koran heißt es:
„Er ist es, der euch zu Statthaltern auf der Erde gemacht hat.“ (Sure 35:39)
Dieses Konzept der Treuhandschaft bedeutet, dass der Mensch eine Verantwortung für den Erhalt und den Schutz der Natur trägt. Die Erde ist nicht unser Besitz, sondern eine Leihgabe von Allah, die wir für kommende Generationen bewahren müssen. Daher ist nachhaltiges Handeln im Islam nicht nur eine Empfehlung, sondern eine religiöse Pflicht.
Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) betonte die Wichtigkeit des Umweltschutzes mehrfach. Er sagte:
„Wenn die Stunde kommt und einer von euch hält einen Spross in seiner Hand, dann soll er ihn noch pflanzen, wenn er kann.“ (Hadith, überliefert bei Ahmad und Al-Bukhari)
Dies zeigt, dass selbst in der größten Not der Schutz und die Pflege der Natur eine hohe Priorität haben. Pflanzen und Bäume gelten im Islam als eine Quelle des Segens. In einem weiteren Hadith wird überliefert: „Kein Muslim pflanzt einen Baum oder sät Samen, von denen dann Menschen, Tiere oder Vögel essen, ohne dass es für ihn als Almosen (Sadaqa) zählt.“ (Hadith, überliefert bei Al-Bukhari und Muslim)
Verschwendung widerspricht islamischen Werten
Neben der Erhaltung der Natur warnt der Islam ausdrücklich vor Verschwendung und Umweltzerstörung. Im Koran heißt es: „Und gebt dem Verwandten, was ihm zusteht, ebenso dem Armen und dem Reisenden. Doch seid nicht verschwenderisch. Gewiss, die Verschwender sind Brüder der Satane, und der Satan war seinem Herrn gegenüber undankbar.“ (Sure 17:26-27)
Diese Worte verdeutlichen, dass Überfluss und rücksichtsloser Konsum nicht mit islamischen Werten vereinbar sind. Wasser ist ein besonders geschütztes Gut im Islam. Der Prophet Muhammad (Friede sei mit ihm) lehrte, dass selbst beim rituellen Gebet (Wudu) sparsam mit Wasser umgegangen werden sollte, selbst wenn man an einem fließenden Fluss steht (Hadith, überliefert bei Ibn Majah).
Diese islamischen Prinzipien zeigen, dass Klimaschutz und Umweltschutz nicht nur moderne Herausforderungen sind, sondern tief in den ethischen und spirituellen Werten des Islam verankert sind. Als Muslim*innen sehen wir es als unsere Pflicht, aktiv zu nachhaltigen Lösungen beizutragen und unsere Mitmenschen für den Schutz der Schöpfung zu sensibilisieren.
Klimaherausforderungen in Ägypten und Deutschland
Der Klimawandel betrifft uns alle, aber seine Auswirkungen sind regional unterschiedlich. In Ägypten sind steigende Temperaturen, Wasserknappheit und Wüstenbildung große Herausforderungen. Das fruchtbare Nildelta, die Lebensader unseres Landes, ist durch den steigenden Meeresspiegel bedroht. Viele Menschen kämpfen mit den Folgen von Hitzewellen und Dürren, die die Landwirtschaft massiv beeinträchtigen. Wenn wir nach Ägypten reisen, erleben wir selbst, wie drastisch sich die Wassermengen in Seen verringert haben, wie fruchtbare Böden vertrocknen und wie die Lebensbedingungen immer schwieriger werden.
In Deutschland sind die Herausforderungen andere: Extreme Wetterlagen wie Starkregen und Dürren nehmen zu, der Wald leidet unter Trockenheit, und der CO₂-Ausstoß bleibt ein zentrales Problem. Wir erleben selbst, wie die Temperaturen in Deutschland steigen und der Schnee in den Wintermonaten immer weniger wird. Während in Ägypten viele Menschen existenziell vom Klimawandel betroffen sind, besteht in Deutschland die Möglichkeit, durch technologische Innovationen und politische Maßnahmen nachhaltige Lösungen zu entwickeln.
Was können wir als Muslim*innen tun?
1. Bewusst konsumieren:
Ob Lebensmittel, Kleidung oder Energie – die islamische Ethik fordert uns auf, maßvoll und verantwortungsvoll mit Ressourcen umzugehen.
2. Weniger Verschwendung:
Lebensmittelverschwendung ist ein großes Problem, auch in Deutschland. Der Prophet Muhammad aß stets in Maßen und lehrte, nichts zu verschwenden.
3. Nachhaltige Mobilität:
Weniger Autofahren, mehr öffentliche Verkehrsmittel oder Fahrrad – auch kleine Schritte helfen.
4. Bewusstes Fasten:
Der Ramadan ist nicht nur eine Zeit der Enthaltsamkeit, sondern kann auch ökologisch nachhaltiger gestaltet werden, z. B. durch weniger Verpackungsmüll oder regionales Essen.
5. Gemeinschaftliches Engagement:
Moscheen und muslimische Gemeinden können Umweltschutzprojekte initiieren, wie z. B. das Pflanzen von Bäumen oder Bildungsangebote zum Klimaschutz.
Unser Fazit
Der Schutz der Umwelt ist eine spirituelle Verantwortung und eine gesellschaftliche Pflicht. Der Islam ermutigt uns, die Erde als Leihgabe zu betrachten und sie für zukünftige Generationen zu bewahren. In einer Zeit, in der der Klimawandel eine der größten Herausforderungen unserer Welt ist, sollten wir als Muslim*innen aktiv werden – inspiriert von unserer Religion und unserem Verantwortungsbewusstsein.
Denn letztlich heißt es im Koran: „Und verbreitet nicht Unheil auf der Erde, nachdem sie in Ordnung gebracht wurde.“ (Sure 7:56)
Während die theologische Auseinandersetzung die spirituelle Dimension der Schöpfungsverantwortung betont, bietet das ingenieurwissenschaftliche Wissen wertvolle Einblicke in nachhaltige Lösungen. Diese unterschiedlichen Perspektiven ergänzen sich und zeigen, wie Glaube und Wissenschaft gemeinsam zu einem bewussteren und verantwortungsvolleren Umgang mit der Umwelt beitragen können.
Möge unser Engagement für den Klimaschutz eine Form der Anbetung sein und uns näher zu unserer Verantwortung als Treuhänder*innen der Erde führen.
Neama Hefny und Mohamed Shehata
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