Schwere Lasten, starker Glaube

Nigeria trägt schwer – an Armut, Gewalt, Korruption und gesellschaftlichen Ungleichheiten. Millionen Menschen kämpfen Tag für Tag ums Überleben, Frauen und Kinder trifft es hierbei oft besonders hart. Und doch ist da eine Kraftquelle, die Hoffnung und Widerstandskraft schenkt: der Glaube. Yamtikarya J. Mshelia beschreibt in ihrem Blogartikel die Lasten und Hoffnungen Nigerias – und lädt dazu ein, an der Seite der Glaubensgeschwister zu stehen. Auflaufend zum Weltgebetstag 2026, der Nigeria in den Mittelpunkt rückt, kommen im Blog von mission.de regelmäßig Stimmen aus dem Land selbst zu Wort.

„Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.“ (Mt 11,28)
Dieser Zuspruch Jesu hat für viele Gläubige in Nigeria eine besondere Bedeutung. Sie tragen Lasten, die nahezu alle Lebensbereiche betreffen: von wirtschaftlicher Not über Unsicherheit bis hin zu sozialer Ungleichheit. Der Weltgebetstag 2026 nimmt diese Erfahrungen in den Blick und macht sichtbar, wie Menschen inmitten schwerster Herausforderungen Kraft und Hoffnung im Glauben finden.

Frauen und Kinder haben es oft besonders schwer, ein Auskommen zu finden. © Foto: Micheal Awala/unsplash | Frauen und Kinder haben es oft besonders schwer, ein Auskommen zu finden.

Nigeria ist reich an natürlichen und menschlichen Ressourcen – und doch leidet das Land bis heute unter systemischen Problemen, die das Leben seiner Bürger*innen schwer belasten. Dennoch schöpfen die Menschen Stärke aus ihrem Vertrauen auf Gott. Der Glaube gibt ihnen Mut, durchzuhalten, und prägt eine Haltung, die sich in dem oft gebrauchten Slogan „no problem“ widerspiegelt. Dieses „kein Problem“ ist nicht Ausdruck von Gleichgültigkeit, sondern von tiefem Vertrauen: Wer auf Gott setzt, weiß, dass sie*er auch in den dunkelsten Stunden nicht allein ist.

Die Lasten, die Nigerianer*innen tragen

Nigeria leidet unter massiver Inflation, hoher Arbeitslosigkeit und weit verbreiteter Armut. Viele Menschen kämpfen darum, ihre Grundbedürfnisse wie Nahrung, sauberes Wasser, Unterkunft, Kleidung, Gesundheitsversorgung und Sicherheit zu decken. Besonders Familien in ländlichen Regionen und städtischen Slums sind von den steigenden Lebenshaltungskosten betroffen. Der Anstieg der Kraftstoffpreise treibt diese zusätzlich in die Höhe. Viele leben von Subsistenzwirtschaft oder Kleinhandel – doch Ernteausfälle durch den Klimawandel und schwankende Märkte gefährden ihre Existenz.

Terroristische Gruppen wie Boko Haram und ISWAP (Islamic State West Africa Province), Banditentum, Entführungen und Konflikte zwischen Bäuer*innen und Hirt*innen bestimmen das Leben vieler Menschen in Nigeria. Ganze Gemeinschaften wurden vertrieben, Angehörige getötet, Häuser zerstört. Auch in Regionen, die inzwischen ruhiger wirken, bleibt das Trauma präsent, während die Angst vor neuer Gewalt anhält. Besonders Frauen tragen die Hauptlast beim Wiederaufbau familiärer Strukturen und der Unterstützung traumatisierter Kinder. Frauen und Kinder sind zudem in besonderem Maße Entführungen und sexueller Gewalt ausgesetzt.

Korruption und Misswirtschaft schwächen das Vertrauen in den Staat. Trotz reicher Ressourcen bleibt die öffentliche Versorgung mit Strom, Wasser und Gesundheitsdiensten mangelhaft. Vielen Menschen fehlt das Gefühl von Rechenschaft und Gerechtigkeit. Spaltende Politik und religiöser Extremismus bedrohen das Zusammenleben. Trotz langer Tradition interreligiöser Koexistenz kommt es immer wieder zu Konflikten zwischen Christ*innen und Muslim*innen.

Der Zugang zu medizinischer Versorgung bleibt vielerorts begrenzt. Kliniken sind unterbesetzt und schlecht ausgestattet, sodass Menschen an vermeidbaren Krankheiten sterben. Malaria und Müttersterblichkeit sind weiterhin gravierende Probleme. Hinzu kommen ökologische Belastungen: Wüstenbildung im Norden, Überschwemmungen und Erosion in anderen Regionen gefährden die Landwirtschaft und verstärken die Ernährungsunsicherheit.

Viele Schulen, vor allem auf dem Land, sind unterfinanziert. Unsicherheit und Vertreibungen führen dazu, dass zahllose Kinder gar nicht oder nur unregelmäßig zur Schule gehen. Damit wächst die Belastung für Familien zusätzlich. Die Summe all dieser Herausforderungen führt zu tiefer Erschöpfung. Der tägliche Kampf ums Überleben, gepaart mit Zukunftsangst, lastet schwer auf den Menschen.

Glaube als Quelle der Stärke

Trotz aller Widrigkeiten finden Nigerianer*innen Kraft im Glauben an Christus. Dabei werden sie auch durch Kirchen und Gemeinden unterstützt. Meine Kirche ist beispielsweise die EYN (Kirche der Geschwister in Nigeria/Ekklesiyar Yan’uwa a Nigeria), die im Nordosten, in einer Region des Landes liegt, die am stärksten von Aufständen betroffen ist, und eine Vielzahl von Angeboten für die Menschen macht.

Ruhe in der Gegenwart Christi
In Matthäus 11,28 verheißt Jesus Ruhe für die Müden und Beladenen – eine Zusage, die tief im täuferischen Erbe der EYN verankert ist. In Gebeten, Gottesdiensten und Bibelstudien finden Menschen Trost und Hoffnung. Frauengemeinschaften bieten Räume, um Sorgen zu teilen, miteinander zu beten und neue Kraft zu schöpfen.

Hoffnung durch theologische Reflexion
Biblische Geschichten wie der Exodus stärken das Vertrauen, dass Gott auch heute befreit und begleitet. Predigten und Lehre betonen Gottes Treue und machen Mut, im Glauben auszuharren.

Vertrauen durch Friedensstiftung
Die Friedensarbeit der EYN zeigt, wie Glaube in Handlung umgesetzt wird. Traumabehandlung, interreligiöser Dialog und Programme wie „Alternativen zur Gewalt“ fördern Versöhnung und Zusammenhalt über religiöse Grenzen hinweg.

Stärkung durch Frauenarbeit
Die Frauenarbeit der EYN bietet Alphabetisierung, Berufsausbildung und Gesundheitsprojekte an. Frauen werden gestärkt, ihre Familien und Gemeinden zu tragen – verwurzelt im Vertrauen, dass Gott ihre Kraft erneuert (Jes 40,31).

Am Weltgebetstag die Widerstandskraft feiern

Nigeria trägt schwer an Armut, Gewalt und Ungleichheit. Doch im Glauben an Christus finden Menschen Ruhe, Hoffnung und Stärke. Frauen sind dabei oft die tragenden Säulen ihrer Familien und Gemeinden. Am Weltgebetstag 2026 wollen wir diese Widerstandskraft feiern – und gemeinsam die Lasten vor Christus bringen, der Ruhe verheißt.

Nigerias Erfahrung bezeugt die Kraft des Glaubens angesichts von Leid und Ungerechtigkeit. Der Weltgebetstag 2026 lädt dazu ein, in Solidarität zu beten, zu lernen und gemeinsam Hoffnung zu leben.

Ich lade die weltweite Kirche ein, für Nigeria zu beten und Initiativen wie das Frauenprogramm der EYN und eine der NGOs, deren Geschäftsführerin ich bin, namens „Torch Light for Women’s Right Safe Space Initiative (TWORSSI)“ zu unterstützen, um ein Gefühl der Partnerschaft und Ermutigung zu fördern.

Yamtikarya J. Mshelia


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