Die Schönheit der Differenz
Hadija Haruna-Oelker, Journalistin, Politikwissenschaftlerin und Moderatorin, widmet sich in ihrem Buch „Die Schönheit der Differenz – Miteinander anders denken“ aktuellen und relevanten gesellschaftspolitischen Fragen. Dabei verbindet sie persönliche Erfahrungen mit Reflexionen zu Themen wie Rassismus, Intersektionalität und Diversität. Ihr Ziel ist es, Wege zu ebnen für eine gerechtere Gesellschaft und ein Miteinander auf Augenhöhe. Kann das gelingen? Katrin Lüdeke hat das Buch für uns gelesen.
In ihrem Buch verknüpft Haruna-Oelker, die Teil des Journalist*innenverbandes Neue Deutsche Medienmacher*innen (NDM) und der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) ist, ihre persönliche Geschichte mit gesellschaftlichen Diskursen, die sich für mehr Gerechtigkeit und Chancengleichheit einsetzen. Sie erzählt von ihren Erlebnissen als Schwarze Frau in Deutschland und beleuchtet dabei Fragen, die uns alle angehen – universelle Fragen, wie die Auswirkungen von Normen und Privilegien auf das eigene Leben. Auf beinahe beiläufige Art verweist sie auf Studien und Forschungsergebnisse, die ihre Erfahrungen unterstützen.
© Foto: btb/Fallon Michael/unsplash | Die Schönheit der Differenz, Hadija Haruna-Oelker, btb Verlag, ISBN: 978-3-442-75946-0
Durch biografische Schlüsselmomente und Begegnungen macht sie gesellschaftliche Strukturen sichtbar und hinterfragt diese. Dabei gelingt es ihr, auf fundierte Weise über Rassismus, Gender und gesellschaftliche Machtverhältnisse zu sprechen, ohne belehrend zu wirken. Das Buch ist keine Rechtfertigung für ein Denken, keine Aufforderung, sondern ein Erklären von Sachverhalten. Es geht der Autorin aber nicht (nur) darum aufzuklären, sondern vor allem zu verstehen. Sie erzählt von Menschen, die von der Norm abweichen und hinterfragt im gleichen Atemzug, was Norm überhaupt bedeutet. Sie zeigt die Pluralität unserer Gesellschaft auf, die schon existiert, und beschreibt die Vielfalt und Schönheit, die aus dieser Differenz erwachsen kann.
Eine Vision für radikale Diversität
Haruna-Oelker plädiert für eine Zukunft, die weniger Integration und mehr „radikale Diversität“ fordert – eine Gesellschaft, in der alle Menschen ihre Unterschiede frei leben können. Der Weg zu einem neuen Gemeinschaftsgefühl führt über das eigene Ich, das Haruna-Oelker hier schonungslos offenlegt. Sie berichtet von ihren eigenen Diskriminierungserfahrungen, aber auch von den Learnings und Momenten, in denen sie selbst diskriminierend gehandelt hat und schafft damit Raum für Reflexion über eigene Privilegien. „Die Schönheit der Differenz” ist eine Einladung, sich mit den eigenen und fremden Erfahrungen auseinanderzusetzen.
Wer sich ein wenig in der Philosophie-Landschaft Deutschlands auskennt, für die*den ist das Buch vielleicht noch vielschichtiger. Haruna-Oelker zitiert viele Denker*innen unserer Zeit, gibt Perspektiven wieder und bettet sie in den Kontext ihres Buches.
Es ist ein großer Themenfächer, an dem Haruna-Oelker sich bedient. Auf den ersten Blick wirkt diese Vielfalt erschlagend, beim Lesen ergeben sich jedoch immer mehr Verknüpfungspunkte und ein buntes Bild formt sich. Wie bei den Personen auf der Covergestaltung zeigt sich, dass es Überschneidungen gibt, die, wenn sie ausgelassen werden, nur ein unvollständiges Bild wiedergeben.
Die jedem Kapitel angehängte Übersicht über Personen, Institutionen und Vereine, die sich für eine diversitätsbewusste Zukunft einsetzen, gibt noch mehr Kontext und Möglichkeit, die Denkanstöße ins konkrete Handeln zu bringen.
Ein Buch, das Perspektiven öffnet
Alice Hasters beschreibt das Buch, das Anfang 2022 veröffentlicht und für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert wurde, treffend: „Dieses Buch ist voller Wissen, behutsam und klar in seiner Botschaft. Man selbst ist nach dem Lesen garantiert klüger.“ Es ist trotz der vielen persönlichen Einblicke nicht einseitig, sondern beweist gerade dadurch die Universalität von Diskriminierungserfahrungen und die Notwendigkeit für Veränderung. Haruna-Oelker fordert uns auf, unsere Realität aktiv zu gestalten – mit Offenheit, Neugier und Respekt für die Schönheit unserer Differenzen.
Katrin Lüdeke
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