Dream Count
Chimamanda Ngozi Adichie ist zurück – mit einem Roman über Freundschaft, Gewalt und Widerstandskraft. In Dream Count erzählt die nigerianische Autorin die Geschichte von vier afrikanischen Frauen, deren Leben durch tiefe Freundschaft, familiäre Erwartungen und gesellschaftliche Brüche geprägt ist. Es geht um interkulturelle Erfahrungen, sexuelle Gewalt, aber auch um leise Solidarität und weibliche Stärke – erzählt mit der sprachlichen Wucht und feinen Beobachtungsgabe, für die Adichie international gefeiert wird. Tanja Stünckel hat das Buch für uns gelesen.
© Foto: Fischer/Fallon Michael/unsplash | Dream Count, Chimamanda Ngozi Adichie, Verlag: Fischer, ISBN: 978-3-10-397662-5
Mehr als zehn Jahre sind seit ihrem Bestseller „Americanah“ vergangen. Jetzt ist die preisgekrönte und gefeierte Autorin Chimamanda Ngozi Adichie mit einem neuen Roman zurück. Schon in ihrem ersten Satz macht Chimamanda Ngozi Adichie klar, worum es ihr geht: „Ich habe mich immer danach gesehnt, von einem anderen Menschen erkannt zu werden, wirklich erkannt.“
Zugegeben, die Exposition ist streckenweise etwas herausfordernd – die Reiseautorin Chia beginnt während des Lockdowns der Corona-Pandemie, über die Männer ihres Lebens und die damit verbundenen Träume nachzudenken. Dankenswerterweise wird durch die dichte, unmittelbare Erzählweise Adichies schnell klar, dass es sich bei „Dream Count“ keineswegs um ein weiteres Werk der zeitgenössischen Kultur handelt, in dem eine Künstlerin versucht, ihr eigenes Trauma der Pandemie zu verarbeiten.
Tiefe Freundschaft und sexuelle Gewalt
Es geht um vier afrikanische Frauen, die durch Chiamaka und ihre Freundschaft miteinander verbunden sind. Zum einen sind das die Nigerianer*innen Chiamaka, die Reiseautorin, und Zikora, eine Anwältin, die in den USA leben, und Omelogor, die zumeist in Nigeria lebt und als Bänkerin hilft, Korruption zu verschleiern. Die drei verbindet eine intensive Freundschaft, keine führt das Leben, das sie sich erträumt hat, und alle drei versuchen, sich zwischen den Wünschen und Traditionen ihrer Igbo-Familien zu bewegen, ohne die eigenen Eltern zu enttäuschen – mit mäßigem Erfolg.
Und dann ist da noch Kadiatou, Chias Haushälterin aus Guinea, die außerdem noch in einem Hotel arbeitet. Auch ihr fühlt sich Chia freundschaftlich verbunden. Als Kadiatou an ihrem Arbeitsplatz sexuellen Missbrauch erlebt, werden die Lesenden Zeug*innen eines erniedrigenden Prozesses, bei dem es um alles Mögliche geht, aber nicht um Kadiatou. Leise, aber dennoch mit Wucht entfaltet Adichie die Verbindungen zwischen den Frauen. Anekdotenhaft, beinahe wie zufällig treten ihre einzelnen Geschichten – aber auch, wie sie ihre Unterstützung füreinander ausdrücken – zutage. Es ist ein starkes Buch einer starken Stimme für Vielfalt, Antirassismus und Feminismus.
Tanja Stünckel
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