Fluide Formen von Kirche

Thema statt Ort: Es gibt kirchliche Akteure, die sich im Gegensatz zur Ortsgemeinde, nicht an einer territorialen Zuständigkeit orientieren, sondern an spezifischen Themen, Zielgruppen und Lebenswelten. Sie eröffnen durch ihre Arbeit vielen Menschen neue Zugänge zum Glauben. Dennoch stehen sie häufig im Schatten der klassischen Ortsgemeinde – insbesondere in aktuellen kirchlichen Reformdiskussionen. Der vorliegende Band macht ihr Potenzial für eine zukunftsfähige Kirche sichtbar. Corinna Hirschberg hat das Buch für uns gelesen.

Fluide Formen von Kirche, Philipp Elhaus/Uta Pohl-Patalong (Hrsg.), Verlag: Kohlhammer, ISBN: 978-3-17-044702-8 © Foto: Kohlhammer/Fallon Michael/unsplash | Fluide Formen von Kirche, Philipp Elhaus/Uta Pohl-Patalong (Hrsg.), Verlag: Kohlhammer, ISBN: 978-3-17-044702-8

Der Sammelband „Fluide Formen von Kirche“ beleuchtet in vier Teilen wesentliche Elemente von Diensten, Werken und Einrichtungen im Raum der Evangelischen Kirche: Profil und Aufgaben, den gesellschaftlichen Kontext, Non-Profit-Organisationen (und ihr Verhältnis zu Diensten, Werken und Einrichtungen) und ihre Rolle für die Zukunft der Kirche. Da er die Dokumentation zweier Kolloquien – die im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsprojektes im März 2022 und 2023 stattgefunden haben – darstellt, zeichnet er sich durch eine hohe Interdisziplinarität aus und birgt mit Beiträgen von 16 Autor*innen einen multiperspektivischen Ansatz.

Dennoch lassen sich Gemeinsamkeiten in den Analysen und Zukunftsszenarien ausmachen. Die seismographische Funktion der Dienste, Werke und Einrichtungen in Bezug auf die Gesamtkirche wird betont. Im Zuge einer immer mehr regio-lokal agierenden Kirche sei die Ortsgemeinde als umfassende Organisationsform ein Auslaufmodell. Die Auflösung des Gegenübers der unterschiedlichen Organisationsformen wird gewünscht; stattdessen sollen agile Innovationszentren etabliert werden, die die parochiale und übergemeindliche Arbeit verbinden. Die Überwindung der Gegenüberstellung parochialer und nicht-parochialer Formen würde die gemeinsame Arbeit an der Aufgabe, Evangelium mit möglichst vielen und unterschiedlichen Menschen lebensrelevant zu kommunizieren, stärken.

Dienste, Werke und Einrichtungen kommen in den Blick

Für Dienste, Werke und Einrichtungen ist das Buch an sich höchst erfreulich, da es, wie das Herausgeberteam selbst formuliert, zumindest teilweise die Lücke füllt, die es in der wissenschaftlichen Praktischen Theologie bisher gibt, was ihre Berücksichtigung als Formen von Kirche angeht. Erreichen sie doch Menschen, die sich häufig in parochialen Angeboten nicht wiederfinden. Umso schöner, dass dieser Sammelband ein dezidiertes Augenmerk auf die Möglichkeiten, Chancen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Dienste, Werke und Einrichtungen legt.

Corinna Hirschberg


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