Mission:Reflexion
2024 blickte das Berliner Missionswerk auf seine 200-jährige Geschichte zurück. Zu diesem Anlass erschien auch das Buch „Mission:Reflexion“. In dem von Martin Frank herausgegebenen Sammelband beleuchten unterschiedliche Autor*innen diese Geschichte von den Anfängen 1824 bis heute. Tanja Stünckel hat es für uns gelesen.
© Foto: Wichern/Fallon Michael/unsplash | Mission:Reflexion, Martin Frank (Hg.), Verlag: Wichern, ISBN: 978-3-88981-481-4
Was kann der Begriff Mission heute bedeuten und wie geht ein Missionswerk mit seiner 200-jährigen Geschichte um? Das Berliner Missionswerk (BMW) hat sich dafür entschieden, seine Geschichte aufzuarbeiten. Das Buch „Mission:Reflexion“, das anlässlich des 200-jährigen Bestehens erschienen ist, ist Festschrift und Sammelband zugleich. Es spannt den Bogen von den Anfängen des Missionswerkes im Jahr 1824 bis zu seiner heutigen weltweiten Arbeit.
Dabei wird deutlich, das Profil, der damit verbundene Missionsbegriff des Werks und seine Praxis des Entsendens haben sich über die Zeit gewandelt. In insgesamt zehn Kapiteln nimmt der Sammelband verschiedene Themensegmente in den Blick, betrachtet die eigene Historie und Praxis beispielsweise im Kaiserreich, während der NS-Diktatur und in den Jahren der deutschen Teilung – aber auch das unterschiedliche Vorgehen der Missionar*innen in den unterschiedlichen Einsatzgebieten wie Afrika, Indien oder China. Der Band beschreibt, wie aus dem ursprünglichen Missionswerk, das Menschen in die Welt aussandte, um den christlichen Glauben zu verkünden, ein modernes, solidarisches Netzwerk mit über 16 Partnerkirchen weltweit geworden ist. Dabei wird immer wieder deutlich, dass es vor allem die Menschen und ihr gelebter Glaube sind, die das besondere Wirken des Missionswerks zu allen Zeiten prägen. Ein Fakt, der sich zum einen in den vielen Porträts der mit der Berliner Mission verbundenen Menschen offenbart und zum anderen den unterschiedlichen Autor*innen, die auf verschiedene Weise dem BMW verbunden sind.
Der Wunsch nach Aufarbeitung
Der von Martin Frank herausgegebene Sammelband zeichnet die Entwicklung des Missionsbegriffs nach, thematisiert koloniale Verstrickungen und offenbart in dieser Offenheit und Reflexion den Wunsch nach einer kritischen und sensiblen Aufarbeitung. In multiperspektivischer Herangehensweise diskutieren die Autor*innen aus den früheren Missionsgebieten Ostafrika, Südafrika und China sowie aus Deutschland in „Mission:Reflexion“ die frühere Tätigkeit der Berliner Mission und widmen sich auch unangenehmen Fragen wie: Wie verhielten sich die Missionar*innen und ihre Familien in den Missionsgebieten? Wie bewegten sie sich in Spannungsfeldern wie etwa dem zwischen Großgrundbesitzer*innen und Arbeitskräften? Und nicht zuletzt: Wie verhielten sie sich in Bezug zu den Kolonialmächten?
Auch wenn „Mission:Reflexion“ vor allem die Geschichte des Berliner Missionswerks in den Blick nimmt, ist es viel mehr als nur ein historischer Rückblick auf dieses eine Werk. Es ist ein Beitrag zur Aufarbeitung von Missionsgeschichte insgesamt und kann so gelesen zur Diskussion über die Rolle von Mission in der heutigen Zeit anregen.
Tanja Stünckel
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