Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten
Harmlose Frage, Übergriffigkeit oder Mikroaggression? In ihrem Buch „Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten“ beschäftigt sich Alice Hasters mit der Frage, was es bedeutet, in Deutschland Schwarz, indigen oder eine Person of Color (BIPoC) zu sein. Matt Barlow hat das Buch für uns gelesen.
© Foto: Hanserblau/Fallon Michael/unsplash | Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten, Alice Hasters, Verlag: Hanserblau, ISBN: 978-3-446-28320-6
„Woher kommst du?“ Für viele Menschen ist das wahrscheinlich eine ganz normale Frage, die man in Deutschland hört. Aber für jemanden, die*der nicht weiß ist, wird die Frage ganz anders erlebt. Für Schwarze, Indigene und Personen of Color (englisch: Black, Indigenous, People of Color/BIPoC) ist die Frage eine, die darauf besteht, dass sie nicht „aus Deutschland“ sein können, dass sie nicht dazugehören und nicht in das mentale Bild dessen, was es bedeutet, deutsch zu sein, einbezogen sind. Und das ist nur der Anfang von Alice Hasters Auseinandersetzung mit der Frage, was es bedeutet, in Deutschland BIPoC zu sein; eine Staatsbürgerin von Geburt an mit einem deutschen Elternteil, aber aufgrund ihrer Hautfarbe immer als „anders“ behandelt.
In diesem Buch verwendet Hasters Geschichten aus ihrem Leben, gemischt mit einer Untersuchung von Akademiker*innen und BIPoC-Personen, die über Rassismus geschrieben haben, um die vielen kleinen und großen Aggressionen zu veranschaulichen, die BIPoC-Personen jeden Tag in einer weitgehend weißen Gesellschaft erleben können. Was bedeutet es für eine Person, dass ihr Haar regelmäßig von Fremden berührt wird? Dass ihr Fragen gestellt werden, wie zum Beispiel, ob sie einen Sonnenbrand bekommen kann? Oder wen sie von Anderen (von Weißen) gesagt bekommt, dass sie aufgrund ihrer Merkmale ursprünglich vom Horn von Afrika stammt, obwohl die eigene Familiengeschichte deutsch-afroamerikanisch ist? Wie wirkt sich die Summe dieser kleinen Grenzverletzungen auf die Psyche und die Entwicklung eines Menschen aus?
Zuviel oder nicht genug?
Neben der Auseinandersetzung mit dem Leben in Deutschland schreibt Alice Hasters auch über ihr Austauschjahr in den USA. In gewisser Weise war es angenehm, in einem vielfältigeren Land zu sein, in dem ihre Hautfarbe sie nicht sofort hervorhebt. Gleichzeitig wird sie aber auch durch die kulturellen Unterschiede abgegrenzt.
Obwohl viele weiße Deutsche lautstark verkünden, dass in Deutschland zu viel über Rassismus gesprochen wird, besteht die Autorin darauf, dass tatsächlich nicht genug darüber gesprochen wird. Oder besser gesagt, die Stimmen von BIPoC-Menschen werden in solchen Diskussionen nicht genug gehört. Doch trotz aller Herausforderungen wirkt Alice Hasters Buch nicht pessimistisch. Ihr Buch zeigt die Widerstandskraft, die aus ihrer und ähnlichen Geschichten erwachsen kann. Und es zeigt Mut, für Veränderung die Stimme zu erheben.
Matt Barlow
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