Wir sind doch alle längst gleichberechtigt & Was wollt ihr denn noch alles

Autorin Alexandra Zykunov wirft in ihren Büchern „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt“ und „Was wollte ihr denn noch alles“ einen kritischen und aufklärenden Blick auf Verhaltensmuster, Rollenbilder und die Erwartungshaltung unserer Gesellschaft an „Männer“ und „Frauen“. Bianca Soltau hat die zwei Bücher für uns gelesen.

Wir sind doch alle längst gleichberechtigt & Was wollt ihr denn noch alles, Alexandra Zykunov, Verlag: Ullstein, ISBN: 978-3-548-06533-5 und 978-3-548-06824-4 © Foto: Ullstein/Fallon Michael/unsplash | Wir sind doch alle längst gleichberechtigt & Was wollt ihr denn noch alles, Alexandra Zykunov, Verlag: Ullstein, ISBN: 978-3-548-06533-5 und 978-3-548-06824-4

In ihrem Buch „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt“ und dem Nachfolger „Was wollte ihr denn noch alles“ zeigt die Autorin Alexandra Zykunov auf, dass das Patriarchat noch längst nicht ausgestorben ist. Es agiert gerne hintergründig, indem der strukturelle Frauenhass nicht nur nicht gesehen, sondern vor allem relativiert wird. Mit „Bullshitsätzen“ dieser Thematik beschäftigt sich die Autorin in ihrem erstem Buch „Wir sind doch alle längst gleichberechtigt“. Alle Frauen und Mütter kennen Sätze und Verhaltensweisen, die das Ungleichgewicht aufzeigen, welches in unserer Gesellschaft herrscht. Denn Nein!, wir leben in Deutschland nicht längst gleichberechtigt.

Das Patriarchat reicht sich die Hand mit dem Kapitalismus und versteckt sich u. a. in großen Gefühlen. Denn ohne die, vor allem von Frauen übernommene und unbezahlte Care-Arbeit würde die Wirtschaft zusammenbrechen. Wie gut, dass Frauen dazu erzogen werden, diese Care-Arbeit selbstverständlich als ihre Aufgabe anzusehen und diese unentgeltlich aus Liebe zu übernehmen.

Ein Zitat, welches in dem Buch Erwähnung findet, bringt auf den Punkt, um welche Brisanz es geht: „Einer der Hauptgründe für die Diskriminierung von Frauen in der Arbeitswelt ist ein überkommener, aber weiterverbreiteter Irrglaube, der jeglicher Grundlage entbehrt, nämlich dass Frauen und Kinder zusammengehören und Männer und Arbeit.“ (Ruth Bader Ginsburg)

Das Patriarchat versteckt sich in großen Gefühlen

Beim Lesen des Buches musste ich als Frau nach jeder zweiten Seite meine Wut veratmen. Und noch häufiger hatte ich diese „Ja-Stimmt-Momente“. Dinge, über die ich noch nie bewusst nachgedacht habe. Wie z. B., wenn nur männliche Entscheider*innen die Regeln machen, dann wird z. B. Kindern in der Schule die Sichtweise des Mannes als die „Einzige“ beigebracht. Männerprobleme werden also zu Menschheitsproblemen.

Es fehlt überall der weibliche Kontext. Und das zeigt sich auch in der Art der Erziehung und der daraus resultierenden Verhaltensweise von Frauen (sei nicht so laut, sei nicht so forsch). Auch unser medizinisches Wissen basiert auf dem männlichen Körper. Die Frau ist quasi ein Mann mit Brüsten. Und da ich nun darauf gestoßen wurde, sehe ich die selbstverständliche Ungerechtigkeit: In meinem Freundeskreis, in der Schule meiner Kinder, in der Gesellschaft. An jeder Ecke.

Fakten, Denkanstöße, Hintergründe

Das zweite Buch schließt an das erste an. Denn es gibt noch so viel mehr zu sagen zum Thema Gleichberechtigung. Wieder ist das Zitat im Vorwort treffend gewählt: „Die Emanzipation ist erst dann vollendet, wenn auch einmal eine total unfähige Frau in eine verantwortungsvolle Position aufgerückt ist.“ (Heide Kabel)

Denn: weibliche Bewerber*innen müssen ein Vielfaches mehr an Fähigkeiten mitbringen, um einen Job zu bekommen. Und selbst das reicht nicht immer, weil einfach das Geschlecht nicht passt. Bei männlichen Kandidat*innen reicht mitunter – um es überspitzt auszudrücken – der passende Vorname. Die Bücher von Alexandra Zykunov sind gefüllt mit Fakten, Denkanstößen und geschichtlichen Hintergründen, die einen mit sehr gemischten Gefühlen zurücklassen und nachwirken.

Ich habe meine Situation daraufhin hinterfragt und komme zu dem Schluss, dass mein Mann und ich eine gleichberechtigte Ehe führen. Wir erziehen unsere Kinder so, dass sie, wie die Autorin in ihrer Widmung schreibt, in 30 Jahren hoffentlich nicht dieselben Grabenkämpfe ausfechten müssen.

Bianca Soltau


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